Quelle: ELES
Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerk: Digitale Fragmentierung, Verschwörungserzählungen und Umweltaktivismus von rechts
Das Seminar widmet sich rechten Antworten auf die Klimakrise, ihren Verschwörungserzählungen und dem ihnen zugrundeliegendem Antisemitismus. Es fragt ferner nach dem Einfluss von Social Media und digitaler Transformation auf diesen Themenkomplex. Wir wollen darüber hinaus das demokratiegefährdende Potential von Verschwörungserzählungen herausarbeiten und fragen, wie sie Demokratien verwandeln oder zum Wandel zwingen. Es geht darum, rechte Argumentationsstrategien zu analysieren, Gegenargumente zu sammeln und unsere Demokratie genauso zu schützen wie die Umwelt. Das Seminar wird in sechs Blöcken zwischen wissenschaftlichen Vorträgen, partizipativen Workshops und praktischen Inputs abwechseln.
Die digitale Transformation unserer Gesellschaft hat nicht zuletzt aufgrund der Covid-19-Pandemie an Geschwindigkeit zugenommen. Der Wandel umfasst alle Bereiche des Staates, der Gesellschaft und der Wirtschaft. In politischen Debatten und dem Meinungsbildungsprozess innerhalb unserer Demokratie kommt den Sozialen Medien eine zunehmend bedeutende Rolle zu. Big-Data-Analysen und Social Bots erlangen dabei besonderes Gewicht und sind in ihren Wirkungsweisen und Mechanismen für einen großen Teil der Bevölkerung unverständlich. Der Wandlungsprozess, nicht nur in der Medienlandschaft, verstärkt die Verunsicherungen, die im Rahmen der zunehmend komplexen gesellschaftlichen Problemlagen ohnehin bereits vorhanden waren.
Die Konsequenzen dieser Entwicklungen sind im Zuge der Proteste gegen die Pandemie-Verordnungen nur allzu deutlich geworden. Tausende zogen durch deutsche Städte und stellten demokratische Grundordnung, Verfassung sowie Repräsentativitätsprinzip des Staates in Frage. Echokammern und Filterblasen, in denen jegliche wissenschaftliche Erkenntnis geleugnet und in Abrede gestellt wurde, entstanden in einem zuvor kaum für möglich gehaltenen Ausmaße. Die in diesen Blasen personalisierten Blasen schneiden zunehmend Menschen von kritischen Diskursen ab.
Die Leugnung der Pandemie ist kein Alleinstellungsmerkmal. Die Wissenschaftsfeindlichkeit, die in den Covid-19-Debatten zu Tage trat, gewinnt auch innerhalb des politischen Streites um die Klimakrise an Bedeutung. Ein signifikanter Teil der Gesellschaft weigert sich die Fakten zum Klimawandel anzuerkennen. Ein entscheidendes Mittel, um sich gegen den breiten Konsens der wissenschaftlichen Erkenntnisse zum menschengemachten Klimawandel zu stellen, sind Verschwörungserzählungen. Der Glaube an Verschwörungen ermöglicht es, klare Antworten auf komplexe Themen zu finden, die Welt in Gut und Böse einzuteilen und die eigene Verantwortung abzustreifen. Wissenschaftler*innen werden in diesen Gedankengebäuden von mächtigen „Interessensgruppen“ gelenkt. Dabei sind Anknüpfungspunkte zu Antisemitismus zwangsläufig, schließlich ist der Glaube an eine Weltverschwörung Kernelement antisemitischer Ideologie. Es ist daher wenig überraschend, dass Klimaleugnung vor allem aus dem rechten Lager zu hören ist. Trotz der Leugnung der menschengemachten Klimakrise haben rechtsradikale Parteien auch das Potenzial des Themas Umwelt für sich entdeckt. Unter dem Motto „Naturschutz ist Heimatschutz“ versuchen sie gerade auch junge Leute anzusprechen und von ihrer Ideologie zu überzeugen. Im Seminar wollen wir uns dieser Problematik aus verschiedenen Blickwinkeln nähern.
Weitere Informationen und Seminarleitung
Seminarleitung
Dr. Maja Vataman studierte Soziologie an der Ruprecht-Karls Universität Heidelberg und Public Policy an der Hertie School of Governance. Im Rahmen Ihrer Dissertation zum Thema „Migration – Adoleszenz – Identität“ beschäftigte sie sich mit den Identitätskonstruktionen von aus der ehemaligen Sowjetunion stammenden jüdischen Jugendlichen. Seit 2021 leitet sie das Programm „Nie wieder!? Gemeinsam gegen Antisemitismus & für eine plurale Gesellschaft“ des Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerks.
Konstantin Seidler studierte Sozialwissenschaften an der Leibniz Universität Hannover. Seit über 15 Jahren ist er Bildungsreferent für antisemitismus- und rassismuskritische Bildungsarbeit. Jüdische Empowerment-Arbeit für Jugendliche, interkulturelle und interreligiöse Dialogarbeit sind zudem Schwerpunkte seines Wirkens. Beim Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerk leitet er mit Dr. Maja Vataman zusammen das Programm „Nie wieder!? Gemeinsam gegen Antisemitismus & für eine plurale Gesellschaft.“